Studienbasiert! Für Mäuse oder für Menschen?

„Studienbasiert“ klingt super, oder? Das Wort suggeriert, dass ein Produkt wissenschaftlich geprüft, sicher und wirksam ist. Doch in Wirklichkeit ist dieser Begriff oft nicht mehr als ein cleverer Marketing-Trick. Warum? Weil es riesige Unterschiede in der Qualität und Aussagekraft von Studien gibt. Und weil Unternehmen genau wissen, wie sie diesen Begriff einsetzen müssen, um Vertrauen zu wecken, selbst wenn die wissenschaftliche Basis wackelig ist. Lass uns gemeinsam hinter die Kulissen blicken und herausfinden, was „studienbasiert“ wirklich bedeutet.
Nicht jede Studie ist relevant
Jeden Monat erscheinen weltweit mehr als 130.000+ neue wissenschaftliche Publikationen. Klingt nach viel Wissen, aber nicht jede Studie hat den gleichen Wert.
Die Aussagekraft einer Studie hängt von mehreren Faktoren ab, dazu gehören u.a.:
- Studiendesign: Wurde sie an Zellkulturen, Mäusen oder Menschen durchgeführt
- Stichprobengröße: Je mehr Teilnehmer, desto verlässlicher das Ergebnis.
- Methodik: Wurde statistisch sauber gearbeitet oder gab es Verzerrungen
Studien sind daher selten schwarz oder weiß. In der Regel gibt es sehr viele Grauzonen, Unsicherheiten und widersprüchliche Ergebnisse. Doch im Marketing wird das nicht gerne erwähnt. Stattdessen liest du: „Neue Studie beweist…“, aber was genau bewiesen wurde, bleibt im Dunkeln.
→Wissenschaftliche Studien: Gute, schlechte und wie du sie verstehst
Der Goldstandard klinischer Studien ist die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie (RCT). Sie ist teuer, doch ohne Patentschutz fehlt bei Nahrungsergänzungsmitteln der Anreiz, solche Studien zu finanzieren. Stattdessen werden oft nur günstige präklinische Studien an Zellkulturen oder Tieren genutzt, doch diese reichen nicht für evidenzbasierte Entscheidungen. Warum erklären wir hier.
Das Marketing liebt „studienbasiert“
Leider nutzen viele Firmen den Begriff „studienbasiert“, um Produkte glaubwürdiger wirken zu lassen. Besonders Nahrungsergänzungsmittel schmücken sich gerne mit dieser Bezeichnung, selbst wenn die Studienlage mehr Fragen als Antworten liefert.
Ein klassisches Beispiel ist NMN (Nicotinamid-Mononukleotid). Es wird leider teilweise sehr aggressiv als Longevity-Wunder angepriesen, weil es den NAD+-Spiegel erhöht und das angeblich für deine Longevity gut sein soll. Klingt vielversprechend, aber:
- Die meisten Studien wurden nur an Mäusen durchgeführt. Selbst in diesen Tierversuchen gab es keine eindeutigen Vorteile für die Lifespan.
- Humanstudien sind noch sehr begrenzt und zeigen ebenfalls keine klaren Langzeiteffekte.
- Zudem sind mögliche Nebenwirkungen ebenso kaum erforscht.
Aber dennoch wird NMN leider als „studienbasiert“ verkauft, obwohl es keine soliden Beweise für einen gesundheitlichen Nutzen gibt.
→NAD+ Deep Dive: Eine Revolution für dein Longevity-Protokoll?
Warum präklinische Studien nicht ausreichen
Selbst wenn Wirkstoffe in präklinischen Studien eine Wirkung zeigen, heißt das noch lange nicht, dass dies auch für den Menschen relevant ist. Warum? Weil wir keine Mäuse sind! Ergebnisse aus Tierversuchen oder Zellstudien lassen sich nicht automatisch auf Menschen übertragen.
Fakt ist: Über 90 Prozent aller Medikamente, die in Tierversuchen vielversprechend sind, scheitern später in Humanstudien.
Der Fall Resveratrol als Warnung
Eine sehr fragwürdige Studie an Nagetieren sorgte weltweit für Schlagzeilen: Resveratrol könne das Leben verlängern. Der Hype war riesig, GlaxoSmithKline investierte Millionen. Doch weder das renommierte ITP-Programm noch Glaxo konnten die Ergebnisse reproduzieren. Am Ende kam es zum Rechtsstreit mit dem Wissenschaftler. Humanstudien zeigten keine eindeutige Wirkung, schlechte Bioverfügbarkeit und mögliche Nebenwirkungen.
Dennoch wird Resveratrol bis heute als „studienbasiertes“ Nahrungsergänzungsmittel vermarktet - ein Lehrbeispiel dafür, wie wissenschaftlich widerlegte Behauptungen durch geschicktes Marketing am Leben erhalten werden.
→ Zwischen Hype und Realität: Resveratrol in der Longevity Forschung
Mach deine Hausaufgaben
Wenn du nicht Opfer von bestenfalls dubiosen Marketingaussagen werden willst, gibt es nur einen Weg: selbst recherchieren oder auf vertrauenswürdige, unabhängige Quellen setzen. Ja, das erfordert etwas Aufwand, aber eine Abkürzung gibt es nicht.
Nutze seriöse Informationsquellen wie bspw.
- Examine.com bietet wissenschaftlich fundierte, unabhängige Analysen zu Nahrungsergänzungsmitteln.
- PubMed (pubmed.gov) ist die weltweit führende Datenbank für biomedizinische Forschung. Dort kannst du direkt nach Studien suchen.
- Cochrane Reviews liefern systematische Übersichtsarbeiten, die mehrere Studien zu einem Thema zusammenfassen und bewerten.
Wer fundierte Entscheidungen treffen will, kommt um eine gründliche Recherche nicht herum. Wissenschaft ist kein Werbeslogan, sondern ein komplexer und oft langwieriger Prozess. Nutze unabhängige Quellen, hinterfrage Beweise und lass dich nicht von wohlklingenden Versprechungen täuschen.
Quellen: